Allerheiligen, ein Tag zur Einkehr, an dem man auf den Friedhof geht und der Toten gedenkt. Auch ein Tag, an dem der Burg gerne auf dem Hüttigweiler Friedhof gewesen wäre, wo er zum Grab seines geliebten, im letzten Jahr verstorbenen Großvaters gegangen wäre, danach gedeckten Apfelkuchen bei seiner Omma gegessen hätte und den Abend im Schoße der Familie vor dem Fernseher verbrachte hätte. Das alles hätte er getan, wenn, ja wenn er nicht in Düsseldorf mit Kopfschmerzen aufgewacht wäre. Dort hatte er bis um 3 Uhr morgens im Gatz gefeiert und offensichtlich war eines der unzähligen Altbierchen schlecht gewesen.
Trotzdem schälte er sich aus der eierschalenfarbenen Couch, die für zwei Tage seine Bettstatt dargestellt hatte. Den Zug um 10.51 Uhr würde er sicher erreichen, so dachte er, und nachdem er mit
Biertanko noch ein wenig den Abend hatte Paroli passieren lassen (Horst Hrubesch lässt grüßen), nahm er ein weiteres Taxi – viele waren es in den vorhergehenden Tagen gewesen - und fuhr zum Hauptbahnhof der Rheinmetropole. Dort hatte er schon einen früheren zu spät angekommenen
Eurocity 101 nehmen können und war schon um 11.15 Uhr in Köln, wo er in einem der Bahnhofsläden noch schnell zwei Gläschen mit Düsseldorfer Löwensenf erstand, eines für ihn und eines als Mitbringsel für seine Kollegin, die Vreni aus Tirol, der er dies versprochen hatte. Ebenda stellte er auch fest, dass auf den Gläschen nicht mehr Düsseldorfer Löwensenf steht, sondern nur noch
Löwensenf.
Aus reiner Neugierde und Langeweile begab er sich schon mal Richtung Haltestelle des
Reiseunternehmens Bohr und stellte dann mit einem Gemisch aus Fassungslosigkeit und Amüsiertheit fest, dass der Bus, den er vor hatte zu nehmen, schon um 11 Uhr abgefahren war. Amüsiert war der Mentalo deswegen, weil er wusste, dass er sich bei der Ankunft am Kölner Hauptbahnhof mit seiner Kollegin der Abfahrtszeit versichert hatte. Wie so oft hatten die beiden jedoch das Kleingedruckte nicht gelesen und dabei übersehen, dass eben am vergangenen Sonntag mit dem Umstellen der Uhr auch der Fahrplan „umgestellt“ wurde. „Mist verdammter“, dachte er und wartete doch recht vergnügt auf die großen Augen, die seine Kollegin machen würde.
Als sie mit einem Tross ihrer Freunde antanzte, verstanden die Freunde nicht gleich, dass er die Dame kannte und schenkten Mentalos Worten keinen Glauben, mussten dann jedoch schmerzlich feststellen, dass er die Wahrheit sagte. Der Zug war weg und daran gab es nicht zu deuteln!
Die nervösen Freunde suchten verzweifelt nach einer Möglichkeit, den Flug noch zu erwischen, studierten Fahrpläne und schickten eine in der Nähe des Bahnhofs wohnende Freundin nach Hause, um sich per Internet die Abfahrtszeiten der Überlandbusse von Koblenz, Frankfurt und Trier per Handy durchgeben zu lassen. Der Mentalo schaute dem Treiben entspannt zu, wusste er doch, dass, wenn alle Stricke reiß(s)en, und verstrickt war die Lage durchaus nicht, er um halb drei einen Zug hätte, um nach Trient zu reisen, was er auch Kund tat. Die Kollegin war verständlicherweise nicht sonderlich davon begeistert, dass sie den vollen Bahnpreis würde zahlen müssen. Der Burg hatte ja eine Bahncard. Plötzlich kam einem der Freunde die vermeintlich geniale Idee, einen Mietwagen zu nehmen. Ein Taxi wäre sicher zu teuer gewesen für die mehr als 200 km, meinten alle.
Da die erwähnte Kollegin, wie übrigens viele Italiener, natürlich keine Kreditkarte ihr Eigen nennen konnte, musste der Burg bei der äußerst sympathischen Bürokraft von Europcar mit seiner Visa-Karte blechen. Die Europcardame meinte dann, das Auto sei gerade erst vor zehn Minuten zurück gegeben worden und sie wisse daher nicht, in welchem Zustand es sei. Das war den beiden Kollegen dann doch egal und man begab sich forschen Schrittes in Richtung Musical-Dome Köln, wo gerade das bestimmt schauderhafte Musical
We Will Rock You läuft. Der Burg, wie sicher viele wissen, ist kein großer Fan von Musicals, außer jenen von Claude-Michel Schönberg, Leonard Bernstein und Frank Zappa.
Was sie dort vorfanden, war ein silbergrauer an der rechten Seite verbeulter Mercedes, Modell A-Klasse, der zudem noch rote Lackspuren aufwies. Nach kurzer Beratung und ohne dem Vertrag Beachtung zu schenken, beschloss die EFK (Entscheidungsfindungskomission), dass es wohl besser wäre, diesen Schaden kurz mit der Europcardame zu besprechen.
Also rannte der Burg - die Zeit drängte – wieder ins Bahnhofsgebäude zur netten Dame, welche ihm dann den Schadensbericht im Vertrag unter die Nase rieb. Es stimmte alles mit dem gesehenen Schaden überein. Zurück am Wagen stellte sich heraus, dass die Kollegin doch nicht fahren konnte, da sie keinen Führerschein dabei hatte. Also musste der von Kopfschmerz geplagte Mentalo ans Steuer, an dem er nur schwerlich aus Köln Ehrenfeld in Richtung Autobahn fand. Endlich auf der richtigen Bahn ging es mit ca. 180 bis 200 km/h nach Hahn, nicht in der Nähe von Frankfurt. Der entscheidende Fahrfehler ereignete sich dann am Abzweig in Richtung
B 51, auf die der Burg dann abbog. Die B 51 erwies sich als Straße im Um- und Ausbauarbeiten und so waren 80 km/h das höchste der Gefühle. Als die beiden dann endlich auf der Autobahn nach Trier angekommen waren und der Burg sich nun seiner Route wieder sicher war, war es schon kurz vor 15 Uhr. Die Kollegin hatte natürlich nicht gewusst, dass man nach der Ausfahrt Hahn noch ungefähr eine halbe Stunde braucht, bis man von weitem die große, fast schon Hangar zu nennende Halle des Reiseunternehmens Bohr sichtet, von der es nur noch 5 Minuten bis zu einem der Parkplätze des Hahner Flughafens sind. Auf dem Parkplatz stellte man so gegen 15.20 Uhr das Auto auf den dafür vorgesehenen Platz und hechtete in Richtung Abflughalle. Natürlich war er weg, der Flieger, oder vielmehr der Check-in war geschlossen. Am Stand von Europcar war auch niemand, der einem hätte das Auto bis Frankfurt umschreiben können und so schmiss der Mentalo den Schlüssel in den briefkastenartigen Container. Getankt hatten sie auch nicht, obwohl die Kollegin mehrmals darauf hingewiesen hatte. Das würde teuer werden, dachte der Mentalo mürrisch, ohne dies jedoch zu zeigen.
Die Kollegin überdachte kurz die Möglichkeit, einen Flug gegen 21 Uhr nach Bergamo zu nehmen, wo die beiden bei Freunden hätten übernachten können (sie ist eine „Bergamasca“), verwarf diese Idee jedoch rasch. Zum Glück fuhr just in diesem Moment ein Bus nach Frankfurt/Main Hbf ab und in dem saßen die beiden dann kurze Zeit später. In Frankfurt angekommen brauchten sie dann ungefähr eine halbe Stunde, um im nach selbigem benannten Viertel zum Bahnhof zu gelangen, denn genau an jenem Tag hatten sich einige Menschen überlegt, dass es mal wieder Zeit für einen Streik wäre.
Im Schritttempo erreichten sie dann den Bahnhof, in dem sie um 18.55 Uhr endlich am Schalter standen. Die Bahndame listete die passenden Züge auf und es stellte sich heraus, dass der nächste um 19.02 Uhr, also 7 min. später, und der darauf folgende erst um 0.00 Uhr fahren würde. Schnell waren die Fahrscheine gelöst und die beiden im Regionalzug nach Frankfurt/Süd, wo kurze Zeit später der ICE 821 und in München dann der Nachzug mit der Nummer
289 wartete, um sie gen ihres geliebten Italiens zu bringen. Im Zug nach Trient überredete die Kollegin den Burg schließlich, doch bei ihr zu übernachten. Die Kollegin wohnt in Bozen und da könne man doch zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Sie müsse nicht alleine vom Bahnhof unter Todesgefahren durch die Bozner Bronx laufen und der Mentalo hätte mehr Schlafenszeit. Gesagt, getan. Um 3.29 Uhr Ortszeit entstiegen die beiden nach ausgiebigem Schläfchen dem Eurocity und fielen so gegen 3.45 in Tiefschlaf. O what a night!