Am Sonntag entstieg man schon sehr früh den Federn, da der Burg vorhatte, dem Daniel endlich
Torcello, eine der Serenissima vorgelagerte Insel in der Lagune, zu zeigen. Dazu muss man wissen, dass der Bruder im Moment gerade in der Schule eine Kurzgeschichte liest, die den Titel „Der Hund von Torcello“ trägt und über die er in Kürze mit seiner Klasse eine Arbeit schreiben wird. Beim Mittagessen und auch über den Tag hinweg hatte der Burgbruder immer wieder auf diese Geschichte angespielt, in der ein älteres Ehepaar, das schon weit über den Zenith ihrer Beziehung hinaus ist, nochmals nach Venedig fährt, um offenbar, zumindest hat der Burg das so verstanden, zu sehen, ob etwas von ihrer Liebe übrig geblieben ist. In Venedig angekommen wird das eben erwähnte Paar von einem älteren Mann angesprochen, der sie unentgeltlich durch Venedig führen möchte. Zu Anfang lassen sie das noch zu, versetzen diesen später aber bei der nächsten Verabredung. Sie beschließen dann, nach Torcello zu fahren, wo sie auch hoffen, dem Mann nicht mehr zu begegnen. Das passiert auch nicht, doch stattdessen treffen sie an der Anlegestelle der Fähre, die zwischen Burano und Torcello verkehrt, auf einen Hund, der etwas Magisches an sich hat und der sie über die Insel in Gassen führt, die es laut dem Burgbruder dort gar nicht geben kann. Weiteres wird der Burg dann lesen und berichten, wenn er die Geschichte des Autors Hans Bender geschickt bekommt.
Die Herren Burg begaben sich also nach einem kargen Frühstück mit eingepackten Croissants und Zwieback (!), das auf dem Zimmer serviert wurde, in Richtung Bahnhof, wobei sie vorher noch das
jüdische Ghetto, das älteste der Welt, mit seinen beiden Synagogen (nur von außen) besuchten. Ghetto ist übrigens ein venezianisches Wort, das wahrscheinlich mit den Gießereien zu tun hatte, die sich vorher in diesem Sestiere Venedigs befunden hatten.
Direkt vorm Bahnhof Santa Lucia befinden sich verschiedene Haltestellen der Vaporetti, der venezianischen Wasserbusse, die den Fahrgast in alle Himmelsrichtungen durch die Kanäle befördern. Der Burg kaufte zwei Tagestickets (12 Euro pro Stück) und kurz danach schipperten die beiden mit der Nummer 42 durch den Canale di Canaregio (nur der Canal grande heißt Canal ohne „e“) bis hin zu den Fondamenta Nuove. Hier war eine kleine Stärkung von Nöten und so begab man sich nach der kurzen Besichtigung der nahe gelegenen
Santa Maria Assunta (Gesuiti) in eine Bar, um sich zu stärken. Kurz danach fuhr auch schon das Vaporetto in Richtung Burano ab. Das Wassertaxi fährt um die Friedhofsinsel
San Michele herum, nimmt dann Kurs auf Murano, der insel der Glasbläser, um schließlich in Burano anzudocken. Dort nahmen das Bruderduo dann die oben erwähnte Fähre und gelangte so nach Torcello, wo leider kein Hund auf uns wartete. Trotzdem waren die beiden nicht wenig verwundert, als sie die amerikanischen jungen Frauen vom Vortag dort wiedersahen. Der Hund nimmt nur eine andere Form an, dachte der Burg. Ganz schön faustisch!
Auf der Insel selbst stehen die Reste der so genannten Teufelsbrücke, auf der auch Kämpfe ausgetragen wurden. Die Brücke hat nämlich kein Geländer und daher hatte der verloren, der als erstes ins Wasser fiel. Zum Opfer gefallen ist die Brücke leider, wie so vieles in Venedig, dem Zahn der Zeit und dem stetigen Tropfen, der den Stein höhlt. Nur noch mit einem Eisenträgerkorsett kann sie sich halten. Die beiden Kirchen Torcellos sind wunderschön, besonders
Santa Maria Assunta mit ihren byzantinischen Mosaiken und dem Turm, von dem aus man sehen kann, wie die Lagune wirklich aussieht.
Auf der Fähre zurück in Richtung Burano trafen die beiden dann natürlich wieder auf die beiden Amerikanerinnen, die auch in Burano ausstiegen und hinter den Burgs durch die Kanäle wandelten. Klöppelwerk ist hier angesagt in Form von Deckchen, Umhängen und Schirmen und das schon seit Jahrhunderten. Das Wetter wurde dann so herrlich, dass man sich direkt an der Fährhaltestelle in der
Bar Primavera niederließ, um die letzten Sonnenstrahlen des Altweiberherbstes zu genießen. Plötzlich vernahmen die beiden eine Stimme, die mehr als deutlich sagte. „ Hallo Herr Burg!“ Es war eine von Daniels Schülerinnen, die mit der Familie in Punta Sabbione Urlaub machte. Der Burgbruder war ziemlich verwundert. Auch auf der Rückfahrt nach Venedig waren natürlich die Amerikanerinnen wieder auf der Fähre.
Nun blieb nicht mehr viel Zeit und man beschränkte sich auf ein ausgedehntes Mittagessen (ja, Biertanko!) an den schon erwähnten Fondamenta degli ormesini in der Trattoria Antico Molo, wo man sich ausgiebig mit Fisch und Krustentieren verwöhnen ließ. Auf dem Weg zum Bahnhof schließlich kehrten sie noch kurz ins Irish Pub (es gibt auch ein riesiges Disney-Geschäft direkt vor der Statue Goldonis und natürlich ein McDonald’s) ein, wo die beiden bei einem Kilkenny noch den letzten Rest der Halbzeit zwischen Liverpool und ManU verfolgten. Ein typisch englisches Spiel mit gesunder Härte!